Hämophilie-Lexikon

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Albumin

Natürlich im Blut vorkommendes Protein.

Aminosäuren

Die Aminosäuren sind die Grundbausteine aller Proteine. Die Proteine unterscheiden sich in der Reihenfolge dieser Aminosäuren.

Antihämophiliefaktor

Antihämophiliefaktor (AHF) ist eine andere Bezeichnung für den Blutgerinnungsfaktor VIII. Dieser Antihämophiliefaktor (AHF) fehlt den Hämophilie A-Patienten.

Antikörper

Besondere Klasse von Proteinen, die vom Immunsystem hergestellt werden und zur Abwehr von körperfremden Substanzen und Krankheitserregern dienen.

Arbeits-Zellbank

Zellbank, die aus einem kleinen Teil der Master-Zellbank aufgebaut wird und mit der die Produktion jeder Charge eines rekombinanten Proteins beginnt.

Bioreaktor

Ein kontrollierter und geschlossener Tank, in dem Zellen gezüchtet werden, die große Mengen rekombinanter Proteine wie Faktor VIII und Faktor IX bilden.

Biotechnologie

Überbegriff für eine Vielzahl von Methoden und Verfahren, mit denen die Stoffwechselleistungen von Zellen nutzbar gemacht werden. Die medizinisch-pharmazeutische Biotechnologie befasst sich v. a. mit der Herstellung von Medikamenten und Diagnostika.

Bluterkrankheit

Die Bluterkrankheit ist die erbliche Neigung zu schweren unstillbaren Blutungen aufgrund einer Blutgerinnungsstörung. Bei Frauen kommt die Bluterkrankheit extrem selten vor (vgl. Vererbung der Bluterkrankheit). Die bekanntesten Formen der Bluterkrankheit sind die Hämophilie A und die Hämophilie B. Bei der Hämophilie A ist die Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII herabgesetzt. Bei der Hämophilie B ist die Aktivität des Gerinnungsfaktors IX vermindert. Die Hämophilie A ist die schwerste Form der Bluterkrankheit, tritt in ca. 85 Prozent aller Fälle auf und ist damit wesentlich häufiger als die Hämophilie B. Beide Arten können unterschiedlich schwer ausgeprägt sein. Die Blutungsneigung bleibt zeitlebens bestehen, nimmt jedoch oft mit zunehmendem Alter ab.
 

CHO Zellen

Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (engl.: Chinese Hamster Ovary Cells). Eine Zell-Linie, die bereits seit 1951 intensiv erforscht wird. CHO Zellen wachsen gut in Bioreaktoren und eignen sich sehr gut für die Herstellung komplexer menschlicher Proteine.

DNS– Desoxyribonukleinsäure

Molekül, das die genetische Information aller lebenden Organismen trägt. Die DNS besteht aus einer langen Kette von Nukleotiden.

Faktor IX

Faktor IX ist der Blutgerinnungsfaktor, der Menschen mit Hämophilie B fehlt.

Faktor VIII

Faktor VIII ist der Blutgerinnungsfaktor, der Menschen mit Hämophilie A fehlt.

Gen

Teil der DNS, Bauplan für ein einzelnes Protein.

Gerinnungsfaktoren

Gerinnungsfaktoren sind Proteine, die für die Blutgerinnung erforderlich sind. Insgesamt gibt es 12 Gerinnungsfaktoren, die bei der Bildung eines Gerinnsels zusammenwirken. Sie sind von I bis XIII durchnummeriert – einen Faktor VI gibt es dabei nicht.

Halbwertszeit, verlängerte

Die Halbwertszeit gibt die Zeit an, in der sich die anfängliche Faktorkonzentration im Organismus nach der Faktorgabe genau um die Hälfte verringert hat. Sie bestimmt, wie häufig ein Präparat verabreicht werden muss, damit ein ausreichend hoher Wirkspiegel vorhanden ist. Je kürzer die Halbwertszeit, desto häufiger muss ein Faktorpräparat injiziert werden. Faktorpräparate mit verlängerter Halbwertszeit, sog. Extended-Half-Life(EHL)-Präparate, müssen seltener gespritzt werden als Standard-Faktorpräparate.

Hepatitis

Lebererkrankung, die meist durch Hepatitis-Viren ausgelöst wird. Solche Viren können entweder über die Nahrung (Hepatitis A), Blut, Blutprodukte oder Geschlechtsverkehr (Hepatitis B und C) übertragen werden.

Hämophilie

Hämophilie ist eine Erbkrankheit, bei der Gerinnungsfaktoren im Blut des Patienten fehlen oder in zu geringer Menge vorhanden sind. Meist sind die Faktoren VIII oder IX betroffen. Ohne eine ausreichende Menge der Gerinnungsfaktoren kommt es nicht zu wirksamer Blutgerinnung und es können spontane, unkontrollierbare innere Blutungen auftreten. Häufig erfolgen die Blutungen in die Gelenke, was sehr schmerzhaft ist und die betroffenen Gelenke mittel- bis langfristig zerstören kann. Bei Mangel an Faktor VIII spricht man von Hämophilie A, bei fehlendem Faktor IX von Hämophilie B.

Hämophilie A

Angeborene Blutgerinnungsstörung, bei der ein Mangel an Gerinnungsfaktor VIII vorliegt. Ca. 85 % aller Hämophilie-Patienten sind von Hämophilie A betroffen. Die schwere Form der Hämophilie A führt unbehandelt zu schwerer körperlicher Behinderung und kann lebensbedrohend sein. Der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge leiden wahrscheinlich mehr als 400.000 Menschen weltweit an Hämophilie A. Betroffen sind nahezu ausschließlich Jungen bzw. Männer, wobei ca. 15 – 20 von 100.000 männlichen Neugeborenen diese Erbkrankheit aufweisen. Mehr zur Vererbung der Hämophilie erfährst Du hier. Patienten mit Hämophilie A müssen sich regelmäßig mit Gerinnungsfaktor-VIII-Präparaten behandeln, wobei dies im Rahmen einer Präventionstherapie (Prophylaxe) bis zu drei- oder viermal pro Woche erfolgen kann.

Hämophilie B

Bei Hämophilie B ist die Aktivität des Gerinnungsfaktors IX vermindert. Diese Erkrankung tritt bei etwa 15 % der Hämophilie-Patienten auf. Im Englischen wird Hämophilie B auch als christmas disease bezeichnet – benannt nach Stephen Christmas (12.02.1947 – 20.12.1993), dem ersten Patienten, bei dem Hämophilie B nachgewiesen wurde. Patienten mit Hämophilie müssen sich regelmäßig Präparate mit Gerinnungsfaktor IX injizieren.

Immunaffinitäts-Chromatographie

Hochspezifisches Reinigungsverfahren mit dem durch (monoklonale) Antikörper eine bestimmte Substanz (z. B. Faktor VIII) gezielt aus einem Substanzgemisch entfernt werden und somit in hochreiner Form gewonnen werden kann.

Inhibitor

Inhibitor (Hemmkörper) ist ein Antikörper, der sich gegen ein Faktorpräparat bilden kann und dessen Aktivität reduziert. Manche Menschen mit Hämophilie A entwickeln nach der Infusion mit Faktor-VIII-Konzentraten Antikörper. Diese Antikörper interpretieren das Faktorkonzentrat fälschlicherweise als körperfremde Substanz, sodass das infundierte Faktor-VIII-Präparat unwirksam wird. Bei Hämophilie B kommt es seltener zur Entwicklung von Antikörpern.

Ionenaustausch-Chromatographie

Reinigungsverfahren, durch das Substanzen, die unter bestimmtem Bedingungen unterschiedlich geladen sind, voneinander getrennt werden können.

Klon

Kultur genetisch identischer Zellen, die aus einer Ausgangszelle hervorgegangen sind.

Koagulation

Koagulation ist eine andere Bezeichnung für die Gerinnung des Blutes. Dabei wird flüssiges Blut in eine gelartige Substanz umgewandelt wird, um ein verletztes Blutgefäß zu verschließen.

Kryopräzipitation

Die Vorsilbe Kryo stammt aus dem Griechischen und bedeutet kalt oder Kälte. Die Kryopräzipitation ist ein Verfahren zur Gewinnung von Proteinen aus menschlichem Blutplasma, bei dem tiefgefrorene Plasmabeutel aufgetaut werden. Dabei entsteht ein trüber Niederschlag (Kryopräzipitat), in dem sich Proteine wie Faktor VIII oder von-Willebrand-Faktor ansammeln. Sie können aus dem Kryopräzipitat zu therapeutischen Zwecken isoliert werden.

Kulturmedium

(auch Nährlösung oder kurz: Medium genannt) Sterile Lösung, die sämtliche Substanzen, Nährstoffe und Wachstumsfaktoren enthält, die Zellen zum Wachstum und zur Vermehrung benötigen. Eine definierte Nährlösung enthält ausschließlich Substanzen, deren Zusammensetzung, Menge und Herkunft bekannt sind.

Master-Zellbank

Eine in gefrorenem Zustand sicher gelagerte Zellkultur. Die Master-Zellbank ist der Ursprung für die Herstellung eines bestimmten rekombinanten Proteins.

Monoklonale Antikörper

Identische Antikörper, die gegen ein einzelnes Molekül oder sogar nur gegen einen Bestandteil eines Moleküls gerichtet sind.

Plasma

Das Plasma ist ein klarer, flüssiger Blutbestandteil, der die Blutgerinnungsfaktoren enthält. Es wird Spendern entnommen und zu Präparaten für die Behandlung unterschiedlicher Krankheiten verarbeitet.

Proteine (Eiweiße)

Proteine gehören zu den Grundbausteinen aller Zellen. Sie bestehen aus Aminosäuren. Proteine haben im Organismus verschiedene Aufgaben. Sie fungieren z.B. als Strukturbildner, Antikörper, Transportsubstanzen und als Biokatalysatoren, wobei sie nahezu alle biochemischen Prozesse steuern.

Rekombinanter Gerinnungsfaktor

Der rekombinante Gerinnungsfaktor ist ein mithilfe der Biotechnologie gemäß dem DNA-Code des menschlichen Faktor-VIII-Gens im Labor hergestelltes Faktorkonzentrat. Rekombinante und aus Plasma gewonnene Faktoren ähneln sich sehr stark in ihrer chemischen Struktur und den physikochemischen Eigenschaften.

Restaktivität

Die Faktor-Restaktivität bezeichnet das Ausmaß, in dem die Funktion des jeweils betroffenen Gerinnungsfaktors vermindert ist. Je geringer die Restaktivität ist, desto schwerer ist die Hämophilie ausgeprägt. Menschen ohne Hämophilie verfügen über eine Aktivität von 100 %. Menschen mit leichter Hämophilie haben eine Restaktivität von mehr als 5 %. Bei weniger als 1 % der Restaktivität spricht man von schwerer Hämophilie.

rFVIII – rekombinanter Faktor VIII

Menschlicher Faktor VIII, der durch biotechnologisch veränderte Säugetierzellen (wie z. B. CHO Zellen) in Zellkulturtanks produziert wird. Während der so genannten Fermentation liefert das Kulturmedium alle Nährstoffe, die die Zellen für Wachstum und Vermehrung benötigen. Diese Zellen bilden nun den rFVIII und geben diesen an das Kulturmedium ab. Sobald die gewünschte Konzentration an rFVIII im Kulturmedium erreicht ist, werden Zellen und Zellreste herausgefiltert. Der rFVIII wird anschließend aus dem Kulturmedium isoliert, gereinigt, und mit einem Stabilisator versehen. Nach Abfüllung in sterile Durchstechflaschen und Gefriertrockung erhält man ein Pulver mit dem rFVIII.

TSE

Transmissible spongiforme Enzephalopathien (übersetzt: übertragbares schwammartiges Hirnleiden). Zu dieser Kategorie der Hirnerkrankungen gehören z. B. BSE, Scrapie und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK), die durch Prionen übertragen werden können.

vCJD

Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (engl. Variant Creutzfeldt Jakob Disease). ist eine beim Menschen auftretende Form der TSE.

Vektor

Ringförmiges Stück DNS. Es dient als eine Art Transportvehikel zur Übertragung von Genen in den Zellkern anderer Zellen (z. B. in CHO-Zellen).

von Willebrand-Faktor (VWF)

Der natürliche Stabilisator des Faktor-VIII-Moleküls im Plasma, der auch während des biotechnologischen Produktionsprozesses als Stabilisator verwendet wird.

Zell-Linie

Als Zell-Linie bezeichnet man identische Zellen, die aus einer Zellkultur hervorgegangen sind und sich in einem Kulturmedium unbegrenzt fortpflanzen können. In der Faktor-VIII-Herstellung werden Säugetierzell-Linien verwendet.